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November 1953 - Teil 1

In ihrer Antwortnote an die drei Westmächte (vgl. 18. Oktober 1953) geht die Sowjetunion am 3. November auf die Einladung zu einer Vier-Mächte-Konferenz nach Lugano nicht ein. Moskau wiederholt den Vorschlag, eine Fünf-Mächte-Konferenz unter Einschluss der Volksrepublik China einzuberufen. Vier-Mächte-Verhandlungen über Deutschland sollten nicht auf die Abhaltung freier Wahlen beschränkt bleiben, sondern müssten auch die "Erörterung der Frage der unverzüglichen Bildung einer gesamtdeutschen demokratischen Regierung" umfassen. Erstmals verknüpft die Sowjetunion die Deutschland-Frage mit der Forderung nach der Beseitigung amerikanischer Militärstützpunkte, durch die sie ihre Sicherheit bedroht sieht. - Das amerikanische Außenministerium wertet die Note intern als Wiederbelebung einer "harten Linie für eine unbestimmte Zeit". Am 26. November schlägt die Sowjetunion überraschend in einer neuerlichen Note Berlin als Tagungsort für eine Vier-Mächte-Konferenz vor und kündigt an, auf dieser Tagung eine Fünf-Mächte-Konferenz "mit dem Ziel der Verminderung der Spannungen in den internationalen Beziehungen" beantragen zu wollen. In der Tat treffen sich dann die Vier-Mächte Ende Januar 1954 in Westberlin und man einigt sich unter anderem über den Abschluss eines Staatsvertrages mit Österreich. Dieser Schritt wird zugleich als mögliches Modell für Deutschland gesehen. (Vgl. "Pinsel und Schnorchel vom 28.11.1953)

Auch Bundeskanzler Konrad Adenauer vertritt in einer geheimen Analyse über die aktuelle außenpolitische Lage die Ansicht, dass die Haltung der Sowjetunion "in allen außenpolitischen Fragen sich seit einiger Zeit erheblich versteift hat" und stützt die amerikanischen Positionen. Hinsichtlich der Situation in Europa erklärt Adenauer zudem, dass sich die Besuche hochrangiger englischer und amerikanischer Persönlichkeiten beim jugoslawischen Staatschef Tito ungünstig auf die Lage in Europa auswirken würden. So bemerkt Adenauer über den Besuch des legendären englischen Feldmarschalls Montgomerys im September 1953 bei Tito: "Über diesen Besuch sind Bilder aufgenommen und verbreitet worden in den Zeitungen, die Tito in der Pose Görings darstellen, während Montgomery eine ungewöhnlich ehrfurchtsvolle Haltung zeigt." Hintergrund für Adenauers Bedenken sind unter anderem auch die Unruhen im von den Alliierten besetzten Triest (4.-6.11.53), wo gewalttätige Demonstrationen für einen Anschluss der adriatischen Hafenstadt an Italien stattfinden. (Vgl. auch "Pinsel und Schnorchel" vom Oktober 1953)

Konrad Adenauer, Analyse der gegenwärtigen außenpolitischen Lage (Geheim), November 1953

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Am 4. November 1953 herrscht in der Kabinettssitzung der Bundesregierung Ratlosigkeit. Die DDR liefert - trotz eigener Versorgungsschwierigkeiten - im Rahmen des innerdeutschen Handels Kartoffeln und Zucker in die Bundesrepublik. Im Bundeskabinett herrscht deshalb Erklärungsnot, da es angesichts solcher Lieferungen aus Ostdeutschland schwierig ist, der amerikanischen Regierung und der westdeutschen Öffentlichkeit zu vermitteln, dass weiterhin Lebensmittel für die "hungernde" DDR-Bevölkerung dringend notwendig sind. Man einigt sich schließlich auf den Vorschlag, in der Öffentlichkeit und gegenüber den USA hervorzuheben, dass zum Austausch für Zucker und Kartoffeln wertvollere Lebensmittel in die DDR geliefert werden. Generell will die Bundesregierung mit dieser Maßgabe an der bisherigen Verfahrensweise im Interzonenhandel festhalten.

Ende November (23. November) läuft eine große Lebensmittelaktion der Ernst-Reuter-Stiftung in Westberlin für Ostberliner und DDR-Bürger über 60 Jahre an.

Protokoll der 4. Kabinettssitzung der Bundesregierung (Auszug), 4.11.1953

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Butterspende der Ernst Reuter Stiftung an über 60jährige Ostberliner (RIAS Berlin, 23.11.1953)

Mp3-File O-Ton (mp3)

Anfang November (4.11.) hat das ZK-Sekretariat der SED ganz andere Sorgen. Die Medien in der DDR werden kritisiert, weil sie es bisher nicht verstanden hätten, in ausreichendem Maße über die Friedenspolitik der UdSSR und DDR zu unterrichten. Vielmehr sei festzustellen, dass sich viele Bürger zusätzliche Informationen aus den feindlichen Rundfunksendungen holten und dadurch irregeführt würden. Eine bessere Presselenkung soll nun dafür sorgen, dass stärker als bisher das "Niveau des deutschen Zeitungslesers und Rundfunkhörers" berücksichtigt wird. Ziel ist es zu verdeutlichen, "daß die Außenpolitik der DDR die einzig reale Politik einer demokratischen friedliebenden Regierung Deutschlands ist."

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Flucht in den Westen:


November 1953: 19.913 Flüchtlinge


LPG-Gründungen:


November 1953: 4.730 LPG


Streikberichte der HVDVP

Mp3-File Spitze Töne - Pinsel und Schnorchel
Pinsel und Schnorchel über die geplante Vierer-Konferenz und die Rede Ulbrichts vor der Volkskammer (RIAS Berlin , 28.11.1958)



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